Heute gibts ein Plädoyer für uns, für dich und mich und den Jungen in der U-Bahn.
Menschen sehen, Menschen hören ist für mich als Kommunikations-Junkie wichtig.
Nirgendwo lerne ich so viel über mich und über das Leben (fuck ja!) wie von dir! Danke!
Und alles, was es braucht, ist ein bisschen Ohr, ein bisschen Auge.
Ich bin Entertainer mit der Blutgruppe „komisch“ und freue mich, wenn ich Leute unterhalten kann.
Es macht mir Spaß im Mittelpunkt zu stehen und – ja! – gehört zu werden.
Trotzdem höre ich gern zu.
Ich mag Menschen und bin als Freund, als Coach, als Trainer aufmerksam und gebe gerne Ohr – das könnten wir jetzt als cooles Synonym fürs Zuhören benutzen.
Es gibt viele Menschen, die erzählen wollen, die große Lust auf Monologe haben, ohne auf der Bühne zu stehen. Alle sind Stars, alle haben „Content“, alle wollen gehört werden.
Wir kaufen Follower, wir pöbeln wirkungsstark im Internet. Wir gehen zu Psychologen, damit mal wieder einer 50 Minuten die Klappe hält und uns zu Wort kommen lässt.
Zuhören ist eine Ware, die harte Zlotti kostet, oder umsonst von Leuten bereitgestellt wird, die nicht stark genug sind, sich durchzusetzen. Wer hört, verlört – es ist doch so, wer zuhört, hat nichts zu sagen und hat schon verloren. Die Macher sind am Zug, die, die sagen wo es langgeht, was wichtig ist und was sie gestern gegessen haben.
In Theaterkantinen gibt es extreme Hackordnungen: die wichtigsten erzählen, die nächst wichtigen fragen nach und lachen laut und so wird es immer leiser bis in die unteren Reihen. Gehört wird hier nur jemand mit Macht. Das Fußvolk darf begeistert nicken, lächeln – und zuhören, aber bitte ohne große Geräusche!
Ich treffe immer mal wieder Menschen, die scheinbar gar nicht mehr zuhören können. Die reden und reden und reden, und die dir auch noch ins Wort fallen, nachdem sie drei Stunden allein geplaudert haben. Das sind frustrierende Begegnungen. Alle bleiben allein: der Redner und der Zuhörer, weil Begegnung Austausch will.
Ich erinnere mich an Anbahnungsflirts, Männer, die ich getroffen habe und von denen ich nach 90 Minuten wusste, was sie arbeiten und warum, wie das Vorstellungsgespräch für diesen Job verlaufen ist, wie ihr bester Freund in der fünften Klasse hieß und warum ihre letzten drei Ex-Freundinnen Schlampen waren (übrigens kein gutes Thema!). Und sie wussten von mir: meinen Namen. Aber ich kenne genauso Frauen, die jeden Anker im Gespräch nutzen, um anzulegen und „apropos“ etwas selbst Erlebtes einzuflechten.
Wer „ohr-geizig“ ist, ist meist auch langweilig. Was erzählt so eine Person schon, ausser ewig gleiche Geschichten aus einem Leben, in dem sich nichts verändert. Weil es dafür eben Austausch braucht!
Die alte Fernsehzeitung aus den 80’er Jahren sagt es deutlich: Hör zu!
Du begegnest dabei dir und ihr (oder ihm) und findest vielleicht eine Seite im Leben, die du noch nie gelesen hast. Gehst durch neue Türen in neue Länder – egal, wie, ich finde es immer inspirierend und bereichernd. Das Leben ist bunt, Menschheit hat Facetten und es braucht eigentlich keine Demos, um das zu beglaubigen.
Nur, wer nicht hört und nicht schaut, ist der Überzeugung, dass alle anderen sind wie er – oder sie.
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