Familie rechts und links
Ich war am Wochenende im Norddeutschen und habe „Familie“ besucht.
Ich bin mit 19 Jahren, direkt nach dem Abitur, aus Minden/Westfalen weggezogen und über Köln/Berlin/München/New York/München/Bremen/Berlin 2010 nochmal zurück ins schöne Bayern gekommen. Über 20 Jahre habe ich teilweise sehr weit weg gewohnt, ohne direkten Familienanschluss. Wenn ich heute meine Geschwister sehe, meine Neffen und Nichten, meine Eltern, bin ich jedes Mal überrascht, wie unterschiedlich, wie ähnlich, wie wunderbar diese ganze Mischpoke ist.
Sekundäre Erfahrungen. Danke, Schwester!
An diesem Wochenende habe ich auch meine Schwester Carolin in Aurich besucht. Aurich liegt so sehr in der Achselhöhle der Republik, dass man schwer bis gar nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin kommt. Also habe ich mir von meiner Schwester Regina das Auto geliehen und bin Richtung See gefahren, in den Wind und ans Meer zu Carolin und ihren drei Jungs, die so prima sind, dass ich nicht glauben kann, dass es irgendwo drei tollere 3-, 8- und 9-jährige Kerlchen auf der Welt gibt, als diese fröhlich kreative Dreieinigkeit.
Meine Schwester ist Erzieherin und liebt ihren Job. Einen Abend haben wir zusammen gesessen und über ihren Beruf geredet.
Ihre Erfahrungen mit Kindern sind leicht übertragbar für alle, die coachen, unterrichten, leiten und lehren.
Coaches sind keine Häuptlinge. Coaches sind Partner.
Wie die meisten Leute, die mit jungen Menschen arbeiten, hatte sie die Erfahrung gemacht, dass aller Anfang leicht ist. Als neue Kraft kommt man in ein Kinderhaus und die Kleinen freuen sich über die Abwechslung, das neue Gesicht, die frische Energie. Man nimmt es persönlich und denkt sich: ich kann das wirklich gut – nein: ich bin vielleicht die beste Erzieherin, die es hier – ach was! auf der Welt! – gibt.
Wer nur beeindrucken will, sollte Magier werden.
Dann geht Zeit ins Land, das Neue blättert ab, und mein „Käptn mein Käptn“ wird Alltag. Der Umgang mit Kindern, die mich nicht als Häuptling sehen, sondern ungeniert Götter neben mir haben, wird frustrierend, fad. Der Job ist stressiger als gedacht und ratzfatz machen wir „Dienst nach Vorschrift“, stehlen Minuten und kündigen innerlich. Wir wollen nicht nähren, wir wollen trinken.
Und dann sagte Carolin den weisen Satz: „Neugier ist laut. Vertrauen ist leise.“
Berühren und sich berühren lassen.
Die Arbeit mit Menschen ist eine dienende. Demut ist ein wichtiges Werkzeug. Ich habe schon viele selbsternannte Gurus getroffen. Alles an ihnen schrie „Ich bin der Hot Shit!“, bis hin zu wohlgeprobter Gesichtsgymnastik, die coole Expertise verraten sollte oder einem lauten Hype, der klappernd zum Handwerk zu gehören scheint.
Beeindruckt haben mich die Anderen: der Seminarleiter, der zeigte, wie sehr ihn ein Teil seiner eigenen Geschichte berührt. Lehrer und Coaches, die wirklich offenen Herzens auf ihre Teilnehmer zugehen. Menschen, die zuhören, nicht auf alles eine sonore Antwort haben oder Coach geworden sind, weil sie lieber sauber bleiben und nur dabei sein wollen, statt mittendrin.
Wer sich als Coach die Zeit nimmt, Menschen zu erreichen, statt einzuschäumen, hinzuschauen und zu verstehen, statt „10 beste Tipps“ zu geben, der berührt nicht nur seine Klienten, sondern wird auch selbst berührt.
Als Mensch unter Menschen.
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