Wenn du Angst hast: Zähne zeigen

12. Jul. 2017 | Alle, Aus dem Leben | 0 Kommentare

Ich habe letzte Woche ein Video von einem kleinen Hund gesehen, der von seinem Herrchen oder Frauchen verlassen wurde. Ganz ängstlich kauerte dieser Minihund in einer Ecke, zitterte am ganzen Leib vor Angst, als die gerufenen Retter kamen und ihn mitnehmen wollten. Es war ein Video von irgendeiner Tierrettungswebseite, Animal Shelter oder so. Die Tierfreunde hatten einen Stock mit Schlinge, mit dem sie den Hund fangen wollten, um ihn dann zu versorgen: er war ganz mager und dreckig und brauchte bestimmt einen Tierarzt.

Der arme Hund verstand die Situation völlig falsch. Anstatt mit seinen rehbraunen Augen den Helfern dankbar aber schüchtern und niedlich entgegenzugehen, knurrte er und zeigte seine spitzen Zähne. Er war auf einmal gar nicht mehr niedlich; nur ein kleiner, panischer, pissiger Pinscher. Da ich keinen Hund habe, kann ich nur niedlich und war sofort abgestoßen von dem hysterisch bösen Gesichtchen des traumatisierten Viechs.

Natürlich ging alles gut, die Retter konnten retten und der Hund wurde, frisch gewaschen und verarztet, wieder niedlich.

Mich hat dieses Bild des ängstlichen, Zähne fletschenden Hundes, von dem ich – meiner hollywoodschen Sehgewohnheit folgend – sofortige Dankbarkeit erwartet hatte, und der es wagte, in Panik auszubrechen und sich in die Enge getrieben zu fühlen, tief berührt.

Wieviel Gutes tun wir für uns, wieviel wirklich für andere?

Sich in andere hineinzuversetzen, mitzudenken, auch, wenn die Reaktion nicht so ausfällt, wie wir sie erwartet haben, ist eine Übung in Demut. Zu verstehen, dass jemand auf eine ausgestreckte Hand mit gefletschten Zähnen reagiert und die Reaktion anzunehmen mit der Liebe und Offenheit, wie es die Tierhelfer getan haben, die das aggressive Zähnefletschen des Hundes respektiert haben, ohne sich abhalten zu lassen, fand ich sehr beeindruckend. Stärker sein – was die gute Tat vielleicht voraussetzt – ist nicht leicht. Zu oft geht es um die geerntete Dankbarkeit, das Einholen eines Beweises meiner Großartigkeit, für das ein Zurückgewiesenwerden Gift ist und schnippisch mit einem „Dann eben nicht!“ beantwortet wird.

Demut, People! Wir brauchen alle manchmal Hilfe, auch und vor allem, wenn wir nicht so aussehen.

 

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