Ich habe ein Jahr in New York studiert. Damals war ich nicht besonders reich, obwohl ich ein Stipendium bekommen hatte.
Die Stadt war – wie heute – wesentlich teurer als München und ich kam mit dem Geld einfach nicht zurecht.
An einem Tag war ich irgendwo in Manhattan unterwegs, hatte noch nichts gegessen und keinen Dollar in der Tasche.
Ich schlurfte durch das New York von vor 9/11, schaute in das ein oder andere Schaufenster – Schaufenster waren dort so viel besser als in München: einladend, anziehend, modern.
Hungrig blieb ich vor einem kleinen Coffee Shop stehen. Der Laden sah gemütlich aus, der Tresen überquellend in typisch amerikanischer Fülle. Mein Blick blieb an einem hellen Muffin hängen, der so köstlich, fluffig und frisch aussah, dass mein Magen einen kleinen Salto machte. Weiter dachte ich gar nicht, ich hatte kaum ein paar Cent in der Tasche, das Bild der Schlemmerei musste genügen, alles, was ich mir leisten konnte, war ein kleiner Tee mit Milch.
Ich bestellte also, lächelte den Mann an der Kaffeemaschine an und wartete auf mein Getränk. Er reichte es mir, und griff dann zu seiner Gebäckzange, um einen frischen, weizengelben Muffin in eine Tüte zu packen. Als er ihn mir gab, wurde ich nervös. „Nein, nein!“ sagte ich, „ich habe keinen Muffin bestellt!“ der junge Schwarze lächelte mich wissend an und nickte. „Das ist schon ok!“ sagte er freundlich. Ich war so berührt, dass ich nichts weiter sagen konnte, zurück nickte und das Cafe verließ.
Der Muffin war ein Angel Hair Muffin, was ich nie vergessen werde. Bis heute erinnere ich mich auch an das Gesicht des Mannes und an mein Gefühl der Dankbarkeit.
Eine Begegnung mit einem Engel, helles, duftiges Manna, das meine Seele nährte.
Wie schön, dass es solche Begegnungen gibt. Wenn man aufmerksam ist, findet man viele: inspirierend, berührend, zart.
Ich versuche, wann immer es geht, in die Rolle eines Engels zu schlüpfen.
Manchmal gelingt es sogar. Aber man bleibt wohl immer in der Ausbildung.
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